Technische Daten

Hier geben wir einen Überblick über unser Projektziel, die Funktionsweise des Systems und harte Zahlen und Fakten zur Anlage (soweit wir sie kennen). Dieses Produktdatenblatt befindet sich auch als PDF im Bereich Dokumente.

1. Anwendung, Haftung

Dies ist ein Produktdatenblatt, welches die Eigenschaften und Rahmenbedingungen der solarthermischen Wasserdesinfektionsanlage zusammenfasst, wie sie nach der zugehörigen Anleitung gebaut wird. Die folgenden Informationen dienen dem Verständnis und als Planungsgrundlage. Aufgrund der Vielzahl unvorhersehbarer Einflüsse sind die Informationen als Orientierungswerte gedacht und keine garantierten Leistungszahlen.

Aufgrund der Einschränkungen, die in den folgenden Kapiteln beschrieben werden, stellt die Anlage nicht sicher, dass das Wasser trinkbar ist nachdem es durch die Anlage geflossen ist. Der Verfasser garantiert nicht die Funktion der Anlage und haftet nicht für Schäden die an Sachen oder Personen durch eine nach der Anleitung erbauten Anlage oder durch die in der Bauanleitung beschriebenen Tätigkeiten entstehen.

2. Wichtige mitgeltende Dokumente

  • Konstruktionszeichnungen / CAD-Modell
  • Berechnungsunterlagen, Simulationsergebnisse
  • Testergebnisse der mikrobiologischen Untersuchungen
  • Bauanleitung für die Nutzer*innen
  • Betriebs- und Wartungsanleitung für die Nutzer*innen

3. Aufgabenstellung

Ausgehend von in Zisternen oder auf andere Art zur Verfügung stehenden Regenwassers soll durch die Anlage mittels solarthermischen Erhitzens die mikrobiologische Belastung des Wassers reduziert werden. Die hierzu entwickelte Anlage soll unterstützt durch die veröffentlichte Bauanleitung  mit lokalen Materialien und einfachen Werkzeugen herstellbar sein.

4. Technische Realisierung

4.1 Prinzipskizze

Abbildung 1: Schema der Anlage
Längsschnitt durch die Anlage
Abbildung 2: Längsschnitt durch die Anlage

4.2 Funktionsbeschreibung

Die thermische Behandlung des Wassers erfolgt alleinig durch solare Strahlung. Zur Erwärmung wird ein Flachkollektor verwendet. Diese Technik ist bereits weltweit etabliert. Zur Steuerung des Wasserausstoßes wurde ein neues Konzept entwickelt, dessen zugehöriger Prozess schematisch in Abb. 3 dargestellt ist.

Konzept zur Steuerung des Wasserausstoßes
Abbildung 3: Konzept zur Steuerung des Wasserausstoßes

Das dort dargestellte hydrodynamische System kann in zwei Bereiche eingeteilt werden. Zum einen in einen kühlen Bereich, in dem sich ein Reservoir mit dem zu behandelnden Wasser befindet (Abb. 3 jeweils die rechte Seite). Zum anderen in einen erhitzten Bereich, der an den kühlen Bereich angeschlossen ist und in dem das zu behandelnde Wasser erhitzt wird. In Abb. 3a ist der Ausgangszustand dargestellt. Bei homogener Temperatur stellt sich nach dem Prinzip der kommunizierenden Röhren eine (annähernd) gleiche Wasserspiegelhöhe ein. Nach einem Aufwärmprozess (Abb. 3b) wird in dem heißen Bereich ein Teil des Wassers verdampft (Abb. 3c). Da die Rohre in diesem Abschnitt einen ausreichend kleinen Durchmesser haben, kann der Wasserdampf nicht vorzeitig das System durch Aufsteigen verlassen. Durch den Dichteunterschied zwischen kaltem und heißem Bereich (inkl. Wasserdampf) wird durch die Schwerkraft heißes Wasser zusammen mit dem Wasserdampf aus dem Rohrsystem herausgedrückt (In Abb. 3c, durch den schwarzen Pfeil links oben dargestellt). Danach strömt kaltes Wasser aus dem Reservoir in den erhitzten Bereich und der Ablauf beginnt von Neuem (Abb. 3a).

Der erhitzte Bereich ist in den Flachabsorber integriert. Eine schematische Darstellung ist in Abb. 1 gegeben. Eine ausführlichere Darstellung des Funktionsprinzips und der Dimensionierung der Anlage sowie einzelner Komponenten kann in der folgenden Veröffentlichung nachgelesen werden: Dietl, Jochen ; Engelbart, Hendryk ; Sielaff, Axel (2015). A Novel Type of Thermal Solar Water Disinfection Unit.

5. Technische Anforderungen

5.1 Umweltbedingungen

Lagertemperatur 5 °C … 70 °C
Bei Temperaturen unterhalb des Gefrierpunktes muss die Anlage entleert sein. Wird die Anlage nicht genutzt, muss sie abgedeckt werden um ein starkes Aufheizen zu vermeiden.

Arbeits- (umgebungs-) temperatur ≥ 5 °C

Untergrund, Neigungswinkel, Sonneneinstrahlung

  • Der Neigungswinkel der Anlage gegenüber der Erdoberfläche beträgt je nach Standort 20° … 30° (z.B. Deutschland).
  • Wird die Standfußkonstruktion aus dem Anhang der Anleitung verwendet, so wird ein flacher Untergrund benötigt.
  • Während des Betriebs muss eine freie Sonneneinstrahlung über möglichst den gesamten Tagesverlauf gewährleistet sein. D.h. es sollte kein Schatten auf die Anlage fallen.

Widerstand gegen Schädlingsbefall
Wenn entsprechende Schädlinge vor Ort vorhanden sind, muss die Anlage vor einem Befall des Holzes und des Dämmstoffes geschützt werden (z.B. durch Behandlung der Materialien, Konstruktion des Standfußes aus Metall, oder Montage auf anderen Objekten auf dem Grundstück).

5.2 Nachbarsysteme

Weiteres wird zusätzlich zur Anlage benötigt:

  • 1 Standfuß (Konstruktionsvorschlag liegt der Anleitung bei)
  • Behälter zum Befüllen des Zulauftanks mit verunreinigtem Wasser
  • Sicherer Behälter mit schmaler Öffnung und/oder Hahn, um Wasser abzuzapfen. Dieser Auffangtank sollte komplett entleerbar sein, um Neuverkeimung von stehendem Wasser zu vermeiden.
  • Abdeckung für die Anlage, damit sie nach dem Stilllegen nicht überhitzt (z.B. eine undurchsichtige Plane)
  • Mittel zur Reinigung der Behälter

5.3 Aufbau

Teilebeschaffung und Montage

Teilebeschaffung und Montage erfolgt vor Ort. Falls erforderlich, müssen die wasserberührenden Teile vor Erstinbetriebnahme gereinigt werden.

Werkzeug

  • Hammer
  • Säge
  • Bohrer, für Holz und Metall (manuell oder elektrisch)
  • Schraubendreher (manuell oder elektrisch)
  • Schraubenschlüssel oder Zange (zum Bau der Werkzeuge)
  • Biegewerkzeug für Rohr (Konstruktionsvorschlag in der Anleitung)
  • Biegewerkzeug für Bleche (Konstruktionsvorschlag in der Anleitung)
  • Sandpapier
  • Schere oder Messer
  • Zange
  • Seitenschneider
  • Winkelmesser
  • Reinigungsmaterial

Zusätzlich wird Werkzeug zum Blech- und Rohrbiegen benötigt. In vielen Werkstätten ist zumindest zum Blechbiegen eine ausreichende Ausstattung vorhanden. Falls kein Werkzeug für die beiden Zwecke vorhanden ist, liegen der Anleitung Anhänge bei, um mit den oben aufgelisteten Hilfsmitteln entsprechendes Werkzeug selbst zu bauen.

Falls die Materialien nicht in dem angegebenem Zustand (Größe, Form) zur Verfügung stehen, können weitere Werkzeuge nötig werden.

5.3.1 Personen

Anzahl ≥ 3
Für den Aufbau sind mindestens drei Personen nötig. Arbeiten mehr als 3 Personen am Aufbau, können Abschnitte parallel bearbeitet werden, was die Zeit für den Aufbau verkürzen kann.

Kenntnisse

  • keine spezielle Ausbildung vorausgesetzt
  • erweitertes technisches Grundverständnis
  • Fähigkeit technische Zeichnungen zu verstehen
  • gewisse handwerkliche Begabung
  • routinierter Umgang mit den aufgelisteten Werkzeugen

5.3.2 Fläche, Dauer, Kosten

Fläche für den Aufbau ≈ 20 m²

Dauer des Aufbaus ≥ 2 Tage
Sind alle Materialien vorhanden, kann ein geübtes Team die Anlage in etwa zwei Tagen aufbauen.

Materialkosten ≤ 200 € … 300 €
Die Kosten für das Material hängen stark von den lokalen Preisen ab.

6. Technische Daten

Die technischen Daten sind abhängig von der gewählten Größe der Anlage. Folgende Angaben beziehen sich auf die in der Anleitung gewählten Maße.

6.1 Dimensionen

Gewicht ca. 95 kg
Die Anlage wiegt ca. 95 kg (leer, ohne Nachbarsysteme). Davon fallen alleine 40 bis 45 kg auf die Glasscheiben.

Größe (BxHxT)
ohne Standfuß, ohne Behälter: 135 cm x   55 cm x 195 cm
mit Standfuß:                             270 cm x 200 cm x 200 cm

6.2 Leistung

Wassermenge ≤ 30 L/d … 40 L/d
Die behandelte Tagesmenge an Wasser ist stark von den Umgebungsbedingungen abhängig. Zur Orientierung ist in Abb. 4 unsere Aufzeichnung der Wasserausstoßmenge unserer Testanlage DE01 in Darmstadt dargestellt (oben in blau). Das Wetter war sehr wechselhaft, wie an der verfügbaren Sonnenernergie pro Tag (dargestellt in orange) zu erkennen ist. Der maximale Durchsatz der Anlage lag bei ca. 25 L/d. Die Anlagen in Tansania haben bisher einen maximalen Durchsatz von ca. 37 L/d erreicht.

Abbildung 4: Tägliche Wasserausstoßmenge der Anlage (oben) im Vergleich mit den jeweiligen Sonnenstunden (unten) an der Testanlage DE01 in Darmstadt.

Haltbarkeit des Wassers ≤ 1 Tag
Da das Abkochen eine punktuelle Behandlung ist, kann es abhängig von den Lagerbedingungen relativ schnell zu einer Rekontamination des behandelten Wassers kommen. Daher soll das ausgestoßene Wasser innerhalb eines Tages verbraucht werden.

6.3 Wasserqualität

Ausführlichere Informationen zu den untersuchten Parametern, Grenzwerten und der Reduktionsleistung der Anlage finden sich in der folgenden Ausarbeitung einer Bachelor Thesis: Thiemann, Fabian (2015). Untersuchung der Funktionsfähigkeit einer kleinskaligen und solarthermischen Trinkwasseraufbereitungsanlage. Technische Universität Darmstadt.

6.3.1 Wasserqualität am Eingang (Anforderung)

Bakterielle Belastung
Die maximale Belastung an E. coli-Bakterien betrug in den Versuchen ca. 6,6*10^6 /100 ml (MPN) sowie an Gesamtcoliformen ca. 2,4*10^7 /100 ml (MPN). In Abb. 5 ist der Belastungsverlauf des kontaminierten Wassers dargestellt. In den Versuchen wurde Wasser mit einer sehr hohen Konzentration an Pathogenen verwendet um eventuelle Leistungsgrenzen der Anlage herauszufinden. I.d.R ist die Belastung des zu behandelnden Wassers geringer.

Belastung des zugeführten Wassers an E. coli und Gesamtkoliformen
Abbildung 5: Belastung des zugeführten Wassers an E. coli und Gesamtkoliformen. (An Tagen mit beiden Werten gleich Null ist die Messung der Belastung nicht verfügbar.) Die Konzentration in dem Ausstoß wurde dabei immer unter die Detektionsgrenze reduziert.

Chemische Belastung keine
Im Wasser darf keine chemische Verunreinigung vorliegen, da diese nicht mit dieser Anlage behandelt werden kann.

Trübung ≤ 5 NTU
Die Trübung wird nicht gezielt beeinflusst, deshalb sollte sie sich bereits in dem unbehandelten Wasser in dem oben genannten akzeptablen Bereich nach WHO-Empfehlung befinden. In der Literatur werden auch Werte von bis zu 200 NTU als geeignet für eine thermische Behandlung beschrieben. Eine geringere Trübung bedeutet i.d.R. eine geringere mikrobiologische Konzentration.

Wasserhärte
Zur Wasserhärte gibt es keine festen Anforderungen. Je härter das zugeführte Wasser ist, desto stärker wird Kalk an den erhitzten Stellen der Anlage ausfällen.

pH-Wert ca. 6,5 … 8,5
Von der WHO wird ein pH-Wert des Wassers im Bereich von 6,5 bis 8,5 gefordert. Bei der Auswahl der Bezugsquelle sollte beachtet werden, dass auf der einen Seite der pH-Wert durch die Anlage leicht erhöht wird (siehe Abb. 6), auf der anderen Seite eine saure Umgebung das Lösen des Kupfers im Wasser verstärkt (siehe Kap. 7).

Wassertemperatur ≥ 5 °C

6.3.2 Wasserqualität am Ausgang (Leistung)

Bakterielle Belastung
E. coli und Gesamtkoliforme des zugeführten Wassers mit dem in Abb. 5 gezeigten Konzentrationsverlauf wurden in jeder Mischprobe unter die Detektionsgrenze von 1 /100 ml (MPN) reduziert. Dies spricht für eine Reduktionsleistung von E. coli-Bakterien von mindestens lg 6,8 und von Gesamtkoliformen von mindestens lg 7,4. Für weitere Informationen siehe die oben genannte Bachelor Arbeit.

Chemische Belastung
Bleibt weitestgehend unverändert

Trübung
Bleibt weitestgehend unverändert

Wasserhärte
Nur geringe Änderung

pH-Wert
Der pH-Wert ist während der Versuche im Mittel um 0,84 angestiegen. Der Anstieg wird der verringerten CO2 -Konzentration im Wasser zugeschrieben. In Abb. 6 ist der Verlauf des pH-Wertes an Zu- und Ablauf der Versuchsanlage dargestellt.

pH-Werte der Mischproben aus Zulauf- und Auffangbehälter
Abbildung 6: pH-Werte der Mischproben aus Zulauf- und Auffangbehälter.

Wassertemperatur 90 °C … 100 °C

7. Sicherheit

  • Wasser und Material am Wasserausgang (Steigrohr) haben eine Temperatur von bis zu 100 °C. Hier besteht Verbrennungsgefahr, welche durch zusätzliche Isolation, Abschirmung, oder Anbringen eines Warnhinweises reduziert werden kann. Der Auffangbehälter sollte sich möglichst nah an dem Wasserausgang befinden, am besten fest mit ihm verbunden sein.
  • Die großflächige Glasscheibe kann brechen. Hier muss darauf geachtet werden, dass keine schweren Gegenstände darauf fallen oder gelegt werden. Die Anlage möglichst an einem abgeschirmten Ort aufstellen.
  • Befinden sich Säuglinge oder Kleinkinder unter den Nutzern, sollte das behandelte Wasser bezüglich eventuell erhöhter Kupferwerte untersucht und im Zweifel andere Bezugswege für diese Personen gesucht werden.